Reiseberichte


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ÜBERS GAZELLEN-TAL INS ENNEDI MASSIV

Bald verlassen wir die Straße, die ersten Kamele tauchen auf, in rasantem Tempo furchen wir in den Sandspuren des Highways der Wüste. Malerisch verteilt tun sich immer wieder kleine Gehöfte auf, staunend betrachten uns die Leute, einige winken.
Kurz vor Dunkelheit zweigen wir in eine kleine Senke im ausgetrockneten Wadi Bahar el Gazal (Gazellen-Tal) ab. Es ist der Boden eines seit rund 10 000 Jahren trockenen Binnenmeeres, der Grundwasserspiegel ist noch immer hoch und ermöglicht arabischen Halbnomaden eine Existenz.
Zelte werden verteilt, kleine Plastikschüsseln mit Wasser für die Katzenwäsche davor abgestellt, ein herrlicher Luxus, um sich den Tagesstaub abzuwaschen!
Die Crew hat inzwischen Tische und Stühle aufgestellt, wenig später gibt es Ziegenfleisch, etwas zäh, doch die Stimmung ist bestens und Reisegarn wird ausgiebig gesponnen.

Am Morgen haben sich bereits neugierige Kinder unserem Zeltplatz genähert und betrachten mit großen Augen unseren Aufbruch. Viele sind mit ihrer Ziegenherde unterwegs und führen die Tiere zu oft weit weg gelegenen Wasserstellen.
Wieder kämpfen wir mit dem heißen Wind und den Sandwolken. Kleine Ansiedlungen mit putzigen Rundhütten ziehen an uns vorüber, Karawanen kreuzen unsere Wege, Kamele zupfen an den Spitzen der Dornenbüsche, Ziegen, Esel, aber auch Zebu-Rinder und sogar Kühe finden sich in der kärglichen Gegend, die sich manchmal wie tief verschneit vor uns ausbreitet, vereinzelt gucken Bäumchen wie Schleierfetzen mit kahlen Ästen aus dem grauweißen Staubnebel, schemenhaft lassen sich Büsche erahnen.
Im Wüstenstädtchen Moussoro wird getankt und eingekauft, wir stapfen durch die Sandstraßen entlang niedriger Lehmhäuschen. Tiere, Mopeds und kleine LKWs schlängeln sich zwischen den Fußgängern, verschiedene Nahrungsmittel aus bescheidenem Anbau werden in riesigen Körben angeboten. Stolz wandeln die Männer in ihren weißen wallenden Gewändern und kunstvoll geschlungenen Turbanen herum, nur wenige sind mit dem Fotografieren nicht einverstanden.

Nach einiger Zeit setzen wir die Reise fort, stundenlang zischen wir über den sandigen Untergrund, allmählich wechselt das Grau in helle warme Ockerfarben, weiterhin bleibt alles sehr flach, nahezu vegetationslos und einsam. Kaum vorstellbar, dass hier Menschen leben und dennoch ziehen wir immer wieder an Hütten von Nomadenstämmen vorbei, bleiben auch gelegentlich stehen und plaudern mit den Leuten. Sie leben in einfachen Behausungen aus Bast, im Inneren ist es dunkel und kühl, vornehmlich sind Frauen mit kleinen Kindern anzutreffen. Die meisten lächeln freundlich, bleiben aber scheu, viele der Jüngeren haben sicher noch keinen Weißen gesehen und starren uns wie gebannt an. Wir staunen unsererseits, mit welch einfachem Spielzeug die Kinder sich begnügen. Welch ein
Überfluss bei uns dagegen!

In Kouba nähern wir uns allmählich der libyschen Grenze. Waren wir bis jetzt noch auf Pisten unterwegs, geht es nun so richtig off road dahin, ein Rätsel, wie die Fahrer wissen, welche der vielen Spuren, die kreuz und quer verlaufen, sie nehmen müssen, ohne GPS, nur mit Hilfe ihrer Erfahrenheit und einem ausgeprägten Ortssinn, finden unsere Fahrer den Weg durch die Wüste. Wir brausen durch die große, endlos scheinende Sandebene, nur vereinzelt kann man Bäumchen am Horizont ausnehmen.
In Kalait tanken wir auf und bummeln durch das Städtchen. Faszinierend sind die vielen Lehmbacköfen, duftend lagern die frisch gebackenen Fladenbrote auf Blechen herum. Gewöhnungsbedürftig gestalten sich die Fleischerläden, denn da hängen Teile diverser Tiere im Freien, wohl oft den ganzen Tag, und dies bei sengender Hitze! Eselskarren durchkreuzen die Straßen, wir wandeln zwischen den Lehmhäusern und erfreuen uns am geschäftigen Leben.

Das Bild der Wüste ändert sich ständig. Kaum haben wir eine rotsandig kieselige Ebene hinter uns gelassen, brettern wir auf harter Steinwüste dahin, und dann taucht das Ennedi Massiv vor uns auf! Es erstreckt sich im Nordosten über eine Fläche von 40 000qkm. Durch die Erosion von unterschiedlich hartem Sedimentgestein entstanden bizarr verwitterte Sandsteinformationen, die mit ihren Dimensionen einzigartig für die Sahara sind.
In den tief eingeschnittenen Tälern ist genügend Feuchtigkeit vorhanden, die Vegetation bietet ausreichend Nahrung für die Tiere. Die Menschen in diesem faszinierenden Gebiet sind überwiegend negroide Wüstenbewohner vom Stamm der Bideyat, auch Bäle genannt, die mit ihren Rindern, Schafen, Ziegen, Eseln und Kamelen als Halbnomaden das Ennedi bevölkern. Sie sind Moslems, praktizieren aber auch einen animistischen Ahnen-Kult.
Der Boden weist interessante Braunschattierungen auf und nach den ersten kleineren Felsgebilden finden wir uns bald in einer unglaublichen Vielfalt an gigantischen rötlichen Sandsteinformationen. Der sandige Wüstenwind hat das Plateau zersägt und riesige Felsklötze mit Zinnen versehen oder zu Brücken ausgeschliffen, Löcher wirken wie von Riesenhand durchbohrt. Überdimensionale Pilze pflanzen sich vor uns auf, Elefanten und steinerne Liebespaare lassen sich erkennen, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Immer wieder halten wir, klettern begeistert trotz Hitze herum, dazwischen werden die Autos geschoben, wenn wir wieder einmal im Sand steckengeblieben sind.
Wir schlagen unser Lager gleich beim Eingangsbereich einer langgestreckten Höhle auf, die Felsmalereien im Inneren gehören zu den schönsten der Sahara, hauptsächlich Tiere in rötlicher Farbe, Reiter auf Pferden im gestreckten Galopp und ein lebensgroßes Rind.
Weiter geht die Fahrt und wir schlucken Staub, Staub, Staub. Bei einem 50 m tiefen Brunnen machen wir halt, hier herrscht reges Treiben und emsige Arbeit. Männer und Frauen sind damit beschäftigt, eimerweise Wasser aus dem Schacht zu ziehen, dabei kommen Esel und Kamele zum Einsatz, die mittels Strick und Seilwinde das kühle Nass heraufziehen. Eine der Frauen treibt einen Esel mit einem Stock an, ein etwa zehnjähriger Knabe reitet stolz auf einem Kamel. Andere schleppen Wassertaschen zu nahen Tränken, hier reihen sich Kamele, Ziegen und Schafe. Einmal mehr wird uns vor Augen geführt, wie beschwerlich der Alltag ist, welch strenge Regeln und Rituale in dieser Gesellschaft eingehalten werden.
Im gewaltigen Guelta de’Archai, ein von 120m hoch aufragenden Felsen umschlossener heiliger Platz, fließt ein seichtes Bächlein durch, Tränke für Hunderte von Kamelen der Toubou-Nomaden. Am oberen Flusslauf soll es auch 2m lange Wüsten-Krokodile geben, sieben an der Zahl, die letzten ihrer Art.

Nachdem wir Fada passiert haben, gelangen wir wieder durch den großen Sandkasten der Sahara, endlos, grandios, Hügel um Hügel reihen sich die rötlichen Sandhaufen, wogen wie aufbrausende Meereswellen, unendlich weit der Horizont.
Schließlich erreichen wir die Salinen von Eyo Demi, zu denen uns der Dorfälteste führt. Die lokale Bevölkerung lebt hier vom Handel mit dem roten Salz, welches über ein Netz von Karawanen zu den Oasen im Süden gebracht wird. Auf dem Rückweg transportieren die Tiere Hirse und Sorghum in den Norden.
Malerisch am Rande eines Palmenwäldchens ruht der Salzsee Teli, der erste der kleinen Ounianga-Seen. Von hier aufsteigend liegen verstreut auf einem Hügel die einzelnen Bast- und Lehmhütten der umherziehenden Nomaden.
Schwer kämpfen wir uns durch den dicken Sand auf die Anhöhe hinauf, von oben tut sich ein idyllisches Bild der in dem fruchtbaren Wadi gelegenen Salz- und Süßwasserseen auf, am Horizont runden Felsmassive das Landschaftsbild ab.
Gleich geht es abwärts zum von Palmen, Schilf, Gräsern und Büschen umgebenen Süßwassersee Bokou, wir nehmen uns Zeit zum Verweilen.



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