Reiseberichte


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EINLASS INS REICH DER DERWISCHE

Nach einer Zwischenlandung in Kairo und einem kurzen Ausflug zu den Pyramiden, fliegen wir in den SUDAN in die Hauptstadt Khartoum. Nachdem wir uns der Registration unterzogen haben, brechen wir mit einem Minibus zum Suk in Omdurman auf, er ist der größte im Land. Auf dem Weg dorthin gelangen wir über die Brücke, unter der ein geografisches Highlight Afrikas strömt: Der Zusammenfluss von Blauem und Weißem Nil! Bei genauerem Hinsehen kann man sogar die verschiedenen Farbschattierungen erkennen.
Eigentlich erwarten wir, dass man im Markt kaum fotografieren darf und schießen die ersten Fotos sehr verstohlen. Doch bald ist klar, das Gegenteil ist der Fall, wir werden überall freudig begrüßt und willkommen geheißen, Fragen nach unserer Herkunft, wie es uns im Sudan gefällt, und bitte ein Foto! Die Menschen haben überhaupt keine Scheu, freuen sich über unsere Aufnahmen.
Der Markt stellt ein unglaubliches Kunterbunt an Gerüchen und Waren dar, jeder Laden ist vollgestopft bis obenhin, jeder kleinste Winkel wird ausgenützt, viele Sachen hängen gar von der Decke. Es ist unsagbar heiß, aber die Menschen ziehen uns mit ihrer Liebenswürdigkeit und Offenheit in den Bann. So streifen wir durch die Gänge von Haushaltsartikeln, riesige Töpfe, glitzernde, kitschige Teekannen und Geschirr, aber auch Datteln, Körner, Gemüse, bei den Fleischläden dreht sich uns allerdings der Magen um.

Allmählich lastet die Mittagshitze schwer auf unseren Köpfen, trotzdem fahren wir noch zu Mahdi‘s Tomb, das erst 1947 im alten Stil wiederaufgebaut wurde, unweit davon befindet sich Khalifa‘s Haus, leider hat es geschlossen. Ein junger Bursch hockt davor und stöbert einen Beamten auf, der uns gegen ein Bakschisch dann doch die Innenhöfe und die militärischen Relikte zeigt. Auch das liebevoll aufbereitete Nationalmuseum ist einen Besuch wert.
Am Nachmittag bringt uns ein Minibus zum Hamed al-Nil Tomb. Zum Grab des Sufi Führers aus dem 19.Jh. pilgern, wie jeden Freitag, zahlreiche Leute hin. Wir ziehen mit dem Strom durch den weitläufigen, einfach gestalteten Friedhof und nehmen in einer kleinen überdachten Tee-Bude Platz. Sofort werden wir von verschiedenen Einheimischen angesprochen, alle wollen wissen, woher wir kommen und wie uns das Land gefällt. Einer bestellt bei der Tea Lady heißen Tee für uns und wir fiebern dem Ereignis erwartungsvoll entgegen.

Immer mehr Leute treffen ein, und dann mischen sich auch die Derwische drunter. Lustig sind sie anzuschauen, mit ihren grünen Bannern, ihre verrückte Kleidung in Rot und Grün, oftmals auch mit einem Leopardenfell aufgebessert, und ihre Dreadlocks! Und bald darauf erklingen die ersten Zimbeln! In einem Kreis marschieren drei Musikanten, Tänzer mischen sich mit quer gehaltenen Stöcken ein. Das Ganze ist derart heiter, dass es an Kabarett oder an ein modernes Tanz Battle erinnert, jedenfalls wirkt alles wie eine Big Party!
Wir plaudern, fotografieren, filmen, auch die Einheimischen selbst sind eifrig mit ihren Handys dabei. Welcome Woman, strahlt Sylvia einer der Sufis schelmisch an.
Der Tanzkreis wird erweitert, jeder ist zugelassen, sogar für geistig Behinderte ist da Platz, eine Frau gerät kreischend in Verzückung, alles wird gelassen toleriert. Hin und wieder werden den Tänzern Geldscheine zugesteckt. Als wir ebenfalls einen kleinen Beitrag leisten, wird Geri sofort begeistert ein Stock überreicht und in die Mitte gezogen, dort tanzt er eine Weile mit. Auch Sylvia wird eingeladen, bleibt aber lieber beim Fotografieren.

Der Rhythmus geht ins Blut, daneben entsteht ein weiterer Kreis, auch hier fröhliches Treiben. Nach einiger Zeit hört man laute Trommeln, eine Prozession zieht ein.
Nun wird ein einziger riesiger Kreis gebildet, der Boden fein gesäubert, das Ritual, Dhikr, eine meditative Übung, kann beginnen! Die ersten Derwische drehen sich gekonnt im Kreis, manche auf einem Bein, andere hüpfen irgendwie durch die Gegend, insgesamt ein groteskes Bild! Während der ganzen Zeit wandelt eine kleine Prozession ständig im Kreis, der sich immer mehr ausgedehnt.
Die Außenstehenden bilden einen Sprechchor, dabei neigen sie ihre Oberkörper im Rhythmus vor und zurück, klatschen und rufen Allah, zunehmend gewinnt alles eine hypnotische Atmosphäre. Das Tempo wird schneller, die Tänze wilder, einige stolpern, doch selbst alte Männer lassen es sich nicht nehmen, sich im Wirbel mit zu drehen.

Junge Burschen sprechen uns an, laden uns auf einen Tee ein, um mit uns zu plaudern. Sie können nicht verstehen, warum ihr Land und ihre Religion von den westlichen Medien so schlecht dargestellt werden, wir auch nicht. Selten haben wir so fröhliche, offene, friedfertige und heitere Menschen angetroffen. Als die Abenddämmerung eintritt, müssen die beiden gehen, jetzt ist das Abendgebet angesagt. Eindrucksvoll, wie plötzlich alle gleichzeitig in vollkommener Stille niederknien. Inzwischen ist es dunkel geworden, wir verlassen beglückt die Stätte und fahren zum Hotel.



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