Reiseberichte


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IM LAND DER WILDEN BEJA

Am Marktplatz erstehen wir in einem Laden die Fahrkarten zurück nach Atbara. Nach Port Sudan wollen wir, heute noch? In-Shallah, antwortet Geri und weiß nicht, wie recht er damit hat.
Der Motor des Minibusses läuft wie üblich schon längere Zeit und im Inneren ist es bereits ziemlich voll, wir ergattern noch zwei Plätze in der letzten Reihe. Bald setzt sich das Gefährt auch in Bewegung, die letzten Palmen für längere Zeit sausen an uns vorüber, das Sandmeer breitet sich aus. Schwungvolle Trommelsounds und afrikanische Songs tönen aus dem Lautsprecher. Hin und wieder tauchen Kamele auf, manche verweilen sinnend auf der Straße und lassen sich auch nicht von schrillem Hupen aus der Ruhe bringen. Eile mit Weile, scheint ihr Motto zu sein, und noch haben wir hier das Sagen!
Die Straße ist leider miserabel und es kracht verdächtig unter unseren Sitzen! Bei der Abzweigung nach Kassala wird für eine halbe Stunde Pause gemacht, wir verspeisen Fladenbrote mit Falafel, inzwischen wechselt der Fahrer einen Reifen.
Heiß brennt die Sonne vom Himmel, als wir wieder einsteigen. Gerade als wir wieder etwas eingenickt sind, lässt uns ein lauter Kracher aufschrecken - ein Reifen ist geplatzt! Widerlicher Geruch nach verbranntem Gummi zieht sich sofort durch das Businnere. Der Fahrer wird langsamer, bleibt aber gegen unsere Erwartung gar nicht stehen. Klack, klack, klack, rattern wir weiter auf der Felge. Wer sagt denn, dass nicht auch drei Reifen ausreichen! Gegen den widerlichen Geruch wird Parfum in die Klimaanlage gesprüht, und jeder ist zufrieden, kein Mensch regt sich auf. Bei einem afrikanischen Bus weiß man ja sowieso nie, ob und wann er sein Ziel erreicht!

Adrette Lehmsiedlungen und Rundbauten ziehen an uns vorüber, das verlangsamte Tempo lässt nun mehr Zeit zum Schauen. Hier hausen die Beja, Nomaden, die in traditionell einzigartigen tonnenförmigen Zelten, die wie umgedrehte Bootsrümpfe aussehen, hausen, eine Konstruktion aus Asthölzern und Flechtmatten aus Palmfasern.
Allmählich wird es finster, langsam zweifeln wir daran, ob wir noch heute Port Sudan erreichen. In Sinkat ist dann Schluss, das Gefährt ist bei bestem Willen nicht mehr fahrtauglich. Doch zwei Minibusse sind schnell organisiert, in die die Truppe umverteilt wird. Jetzt zischen wir dahin, aber es dauert noch eine ganze Weile, bis endlich die ersten Lichter der Vororte blinken. Am Busbahnhof klettern wir aus dem Bus, inzwischen können wir unsere Gliedmaßen gar nicht mehr richtig bewegen.
Müde warten wir, bis unser Rucksack vom Dach gehievt wird, jetzt müssen wir nur noch ein Taxi finden, gar nicht so leicht, es ist kaum jemand mehr auf der Straße!
Da spricht uns ein Mann an, fragt nach unseren Pässen, dafür haben wir aber nun wahrlich keinen Sinn. Nachdem er uns aber zum Office bittet, stellt sich heraus, dass wir es mit einem Polizisten zu tun haben. Während wir schon ungeduldig durch die Nase schnauben, nimmt er unsere Daten auf und verhilft uns nachher sogar zu einem Gefährt, das uns zu mitternächtlicher Stunde ins Hotel bringt. In-Shala, immerhin haben wir es heute doch noch geschafft, und aus der Dusche fallen wir quasi ins Bett!

Nachdem wir einige Tage am Roten Meer verbracht haben, nehmen wir wieder eine anstrengende Busfahrt nach Kassala in Kauf.
Als wir ins Freie treten schlägt uns ein wahrer Hitzeschwall entgegen. Stöhnend schultern wir die Rucksäcke und beziehen ein einfaches Hotel mitten im unvorstellbaren Gewühl des verzweigten Suks, dessen Staub- und Sandgassen nur wenige Meter breit sind, hügelig, oft mit Spalten und Abbrüchen mittendrin, zu beiden Seiten gemauerte Lagerhallen mit grünen Toren, lauschige Arkaden, in denen Männer am Boden sitzen und Tee trinken.
Wir schlingen uns durch Menschen, Eselskarren und Pferdewagen durch, immer haarscharf an dem Warensammelsurium vorbei, das vor den in Laubengängen befindlichen Läden und Nischen ausgebreitet daliegt. Unrat und Gestank, Geschrei, wildes Hupen und Klingeln überziehen das ganze Geschehen.
Wieder schlägt uns eine unglaubliche Welle an Freude und Begeisterung entgegen, alle wollen fotografiert werden und natürlich auch Bilder von uns mit ihren Handys machen. Manche bitten ganz scheu, so wie wir es oft tun. Wenn es nicht so affig heiß wäre und uns all der Dreck nicht schon zum Hals raushinge, wäre es einfach hinreißend!
Wir statten auch der recht gut erhaltenen Khatmiyah Sufi Moschee, herrlich am Fuße der Taka Mountains gelegen, einen Besuch ab. Beeindruckend die vielen Säulenreihen und der kleine runde und der große spitze Turm. Deckengewölbe sind nicht mehr vorhanden, dafür gucken blauer Himmel und vorüberziehende Wolken malerisch ins Innere. Eine Schar Buben hat sich an unsere Fersen geheftet und versucht einige Brocken an Englisch zum Besten zu geben.

Zurück in Khartoum führt unser Weg nach Haj Yusef, in eine Arena im Freien, dort findet einmal in der Woche das traditionelle Nuba Wrestling statt. Während sich das Stadion so nach und nach füllt, Fahnen gehisst werden und Jubelrufe erschallen, brennt die Sonne wieder einmal unbarmherzig auf uns nieder. Kleine Buben wieseln flink mit Bauchläden voll mit Nüssen und Metallbechern für Wasser herum, Kinderarbeit ist hier nicht wirklich ein Thema.
Endlich kündigt der Moderator über Lautsprecher den Einzug der Gladiatoren an, mit weißer Kriegsbemalung und neckisch bunten Höschen rücken sie heran und stellen sich in den Kreis. Nach der Begrüßungsansprache, sogar in Englisch, treten der Schiedsrichter und die ersten Gegner mit grimmigen Blicken in den Ring.
Die Kämpfe erinnern an unser Judo, dazu kommen aber ein paar Albernheiten, beispielsweise dem Gegner den Kopf tätscheln, die Finger abklopfen und Sand und Staub aufwirbeln. Viel Aktivitäten sind nicht zu vermelden, die Kämpfer verhaken sich oft ineinander und tänzeln herum, gibt es schwungvollere Aktionen, bricht das Publikum in Begeisterungsstürme aus.
Mit dem Besuch des Kamelmarkts beschließen wir die Reise in diesem Land, wir können uns kaum losreißen, schon allein wegen des Sandsturms, der unseren Abflug verzögert.



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